Aufgerollte oder verlegte Kabellänge mechanisch oder elektronisch messen
Kabel befinden sich auf einer Rolle oder sind verlegt. Der Bedarf zum Messen von Kabellängen betrifft lose Rohware, die sich meist auf einer Rolle oder Trommel befindet und verlegte Leitungen in Bauwerken und im Erdreich. Gerolltes loses Kabel kann mit allen Messmethoden und Geräten erfasst werden. Bereits verlegte Leitungen sind immobil und nicht mit dem mechanischen Abrollverfahren messbar.
In diesen Situationen werden die physikalischen Eigenschaften der Kabelstränge und durch sie hindurch geschickte elektromagnetische Wellen genutzt. Durch die Reflexion wird ein an einem Ende des Kabels eingeleiteter Impuls zurückgeworfen. Die Dauer bis zum wieder ankommen ermöglicht dem Messgerät die Längenbestimmung.
In Fällen von zwei offenen und zugänglichen Kabelenden kann der Impuls auch wie in einer Einbahnstraße vom Ausgangs- zum Endpunkt gesendet werden. Die vergangene Zeit, die der Impuls braucht, wird bei der Leitwertmessung eingesetzt. Folgende drei Messmethoden sind möglich:
-Abrollmessung für loses Kabel
-Laufwertmessung (mit Reflexion) für alle Kabel
-Leitwertmessung für zweiseitig erreichbar und offene Kabel
Die Messverfahren werden mit unterschiedlichen Bezeichnungen angeboten. Nicht zu verwechseln sind elektronische Zubehörteile an mechanischen Messgeräten mit elektronischen Messmethoden. Das elektronische Bauteil, beispielsweise ein Laser, dient lediglich der Erfassungspräzision. Die einfachsten Modelle verfügen über ein mechanisches Zählwerk.
Anwendungsarten mechanischer Modelle
Ansprüche an Genauigkeit und Menge bestimmen die Wahl des idealen Kabellängenmessgerätes. Mechanische Ausführungen sind als Handgeräte und zur festen Stationierung erhältlich. In Baustoff- und Elektrogroßhandlungen und in Elektroinstallationsbetrieben werden meist fest platzierte Messgeräte eingesetzt. Bei hohem Aufkommen und Umschlag an losen Kabeln wird die Messgenauigkeit wichtiger.
Höchste Präzision aus wirtschaftlichen Gründen verlangen teure Spezialkabel wie beispielsweise Glasfaser oder Koaxialkabel aus der Kommunikationstechnik. Die hochwertigsten mechanischen Modelle mit Laser unterstützter Messwerterfassung verfügen um eine etwa zehnfach genauere Messung als einfache Handgeräte. Die Messtoleranz der einfacheren Geräte liegt durchschnittlich bei etwa 0,5 Prozent, bei Präzisionsinstrumenten mit Lasermesstechnik bei etwa 0,05 Prozent.
Anwendungsarten Impuls gebender Modelle
Lauf- und Leitwertmessgeräte bringen als Handgeräte abhängig von Ausstattung und Preis alle erforderlichen und erwünschten Eigenschaften mit. Die Messpräzision erreicht allerdings nicht die von stationären mechanischen Einrichtungen. Wenn die Geräte mit der kapazitiven Messmethode arbeiten, nutzen sie die Relation der Impulsausbreitung zwischen der Kabelgesamtbeschaffenheit und Zeitdauer.
Diese Messart bewegte sich in durchschnittlichen Abweichungen zwischen vier und fünf Prozent. Sogenannte TDR-Messgeräte, umgangssprachlich auch als Kabelradar bekannt, erreichen Messgenauigkeiten zwischen ein und drei Prozent. Technisch bedingt gibt es Obergrenzen für die Längenmessungen, da der Messimpuls auf zu großen Strecken seine „Wirkung“ verliert. Die TDR-Technik ermöglicht, anders als die kapazitiv arbeitenden Geräte, Kurzschlüsse und Kabelquetschungen in verlegten Kabeln zu erkennen und zu lokalisieren.
Mechanische Abroll- und Laufwegmessung
Modelle und Ausführungen
Alle mechanischen Kabellängenmessgeräte bestehen in ihrer Grundstruktur aus zwei Teilen. In die Abrollmechanik wird das Kabel, ähnlich wie der Film im Projektor, zwischen Rollen eingefädelt. Je nach Ausführung besteht die Führungsmechanik aus zwei bis zu acht Rollen. Die Zählrolle ist mit dem Zählwerk verbunden und ihre Umdrehungen werden in die eingestellten Distanzmaße „übersetzt“. Neben der Kabelstärke ist die Form eine anzupassende Variable. Das Zählwerk kann durch einfache Achsen- und Zahnradübertragung gespeist werden oder mittels optischer Abtastung den Durchlauf des Kabels messen.
Rutschen und Schlupfen des Kabels
Die Genauigkeit des Messergebnisses hängt entscheidend vom „Ausrutschen“ des durchlaufenden Kabels ab, dem sogenannten Schlupffaktor. Insbesondere Kabel mit sehr glatten Mänteln müssen gleichmäßig und straff gespannt durch die Rollenmechanik gleiten. Je hochwertiger das Kabellängenmessgerät gefertigt ist, desto mehr Stellschrauben zum Einstellen und Fixieren der Rollen sind vorhanden. Bei Handgeräten mit einem Rollenpaar ist die Antischlupfeinstellung eingeschränkt und muss durch sachgerechte Anwendung ausgeglichen werden. Für die grobe Kontrolle, wie viel Meter Kabel von einer Trommel gezogen werden, reicht die Messgenauigkeit mit unter einem Prozent vollkommen aus.
Mechanische Messung mit elektronischer Unterstützung
Die Abtastinstrumente des Zählwerks beeinflussen die Genauigkeit des Ergebnisses zusätzlich. Beim optimierten Kabeldurchlauf liefert ein Lasertaster die präzisesten Werte. Um Toleranzen von höchstens 0,05 Prozent zu erreichen, ist ein stationäres Gerät erforderlich. Neben der Rutsch- und Schlupfvermeidung wirken auch Kontaktabrieb und Durchlaufgeschwindigkeit auf die Messfähigkeit. Der Einfluss beider Faktoren wird durch optoelektronische Bauteile gemindert.
Kalibrierfähigkeit
Die Einstellungsmöglichkeit mit Bezug auf eine Referenzprobe macht die Kalibrierfähigkeit eines Kabellängenmessgerätes aus. Vereinfacht gesagt muss dem Gerät „gesagt“ werden können, das ein Probestück des zu messenden Kabels spezifische Eigenschaften mitbringt. Durch das Kalibrieren wird dem Gerät durch Justierung dieses „Gedächtnis“ verliehen. Anschließend wird es seine Messergebnisse entsprechend Referenzstück ausgeben. Nicht kalibrierbare Messgeräte starten von einem zurücksetzbaren Nullpunkt, ähnlich wie die Tageskilometeranzeige eines Fahrzeugs.
Geschwindigkeit und Kabelbeschaffenheit
Seltener im Privatgebrauch, aber im gewerblichen Bereich häufig, ist eine enorme Menge an Kabellängenmessung erforderlich. In Neubauten addieren sich die Distanzen schon in der Grundverkabelung schnell auf einige Kilometer. Wenn sich das Kabel mit hoher Geschwindigkeit durch die Abrollmechanik bewegt, darf auch die Beschleunigung nicht zum Schlupfen führen. Während des Durchlaufs entsteht durch Reibung Wärme. Die Rollenmechanik und Verbindung zum Zählwerk verändern bei Qualitätsware die Messergebnisse nicht. Spitzenprodukte messen bis zu 3000 Meter pro Minute.
Impuls gebende Reflexions- und Widerstandsmessung
Kapazitive Messmethode
Das Mess- und Wirkprinzip bei der Lauf- und Leitwertmessung basiert auf den physikalischen Eigenschaften des inneren Kabelstrangs. Beim Durchfluss von Strom besitzen die Metallstränge einen spezifischen Fließwiderstand. Die dadurch entstehende Verzögerung wird zeitlich gemessen und daraus die zurückgelegte Weglänge zugeordnet. Für die reine Widerstandsmessung müssen zwei Kontakte am Anfang und Ende eines Kabels montiert werden. Für interpretationsfähige Längenangaben muss dem Kabellängenmessgerät die innere Beschaffenheit einschließlich Querschnitt des Kabels bekannt sein. Der vom Hersteller angegebene Kapazitätskoeffizient gibt dem Messgerät die Möglichkeit, aus der Gesamtkapazität des Kabels die vorliegende Länge zu berechnen.
TDR- oder Reflexionsmessmethode
Neben dieser kapazitiven Methode existiert die rein reflexionsbasierte Messung TDR (Time Remain Reflectometry). Um eine „einseitige“ Messung ausführen zu können, wird zusätzlich zur Verzögerung des Stromflusses das Reflexionsverhalten der Kabelader genutzt. Ein in das Kabel geführter Stromimpuls überwindet den Widerstand und reflektiert in der Leitung. Die abgelaufene Zeit, bis das „Echo“ am Ausgangspunkt wieder ankommt, dient als Messwert. Grundlegende Information ist die Angabe zur Ausbreitungsgeschwindigkeit im vorliegenden Kabel, die von Aufbau, Querschnitt und Isolationsmantel abhängt. Als Maßangabe fungiert der NVP (Nominal Velocity of Propagation), der entsprechend Herstellerangabe am Messgerät eingestellt wird. Bei unbekanntem NVP, wie es oft bei älteren und schon lange verlegten Kabeln der Fall ist, kann ein Referenzstück durch die Kalibrierfunktion des Messgerätes die erforderlichen Werte zum Einstellen liefern.
Hinweis: Artverwandte Messgeräte
Ein elektronisches Kabellängenmessgerät ist auf seine spezifische Aufgabe ausgelegt. Grundsätzlich möglich ist die Längenmessung auf der Basis elektrischen Widerstands auch mit einem Multimeter oder einem Oszillografen möglich. Anschluss, Bedienung und Interpretation der Messergebnisse setzen allerdings Kenntnisse der ohmschen Gesetze und Definitionsfähigkeit von Messbereichen voraus. Die Messfunktion entspricht der kapazitiven Längenerfassung. Fehler im Kabel wie Quetschungen und Kurzschlüsse setzen die Messfunktion aus.
Funktionen und Fehlerermittlungen
Kurzschlüsse und Quetschungen
Kabellängenmessgeräte mit TDR-Technik können bei entsprechender Auslegung auch Defekte und Fehler in verlegten Kabeln erkennen. Die Reflexion des Impulses liefert die Position und Lage der Störquellen. Insbesondere beim Messen alter verlegter Kabelleitungen kann erheblicher Bauaufwand vermieden werden, wenn Defekte und Störungen lokalisiert sind. Gezielte Eingriffe ersparen in vielen Fällen das komplette Erneuern der Kabelleitungen, die in hohem Maße das Öffnen der Kanäle und Schlitze in Mauerwerk verlangen. Nach Neuverlegung werden vor dem baulichen Verschluss der Kabel durch Kontrollmessung eventuelle Fehlerquellen ermittelt und beseitigt.
Temperaturkompensation
Innerhalb eines Gebäudes sind die Einzellängen der zu messenden Kabel beschränkt. Fast alle im Handel erhältlichen Geräte mit TDR-Technik messen bis zu mehreren hundert Metern. Wenn Versorgungskabel, beispielsweise im Erdreich, kilometerweit verlaufen, ist die elektronische Messmethode ebenfalls anwendbar. Die Stärke der Impulsgebung muss allerdings dem langen Laufweg angepasst werden. Die leistungsfähigsten elektronischen Kabellängenmessgeräte nutzen die Reflexion auf Distanzen bis zu zwanzig Kilometern.
Bei außen liegenden Kabeln in dieser Länge nimmt auch die Temperatur Einfluss auf die physikalischen Fluss- und Widerstandseigenschaften. Durch eine manuelle Kompensationseinstellung bezüglich der gegebenen Temperaturbedingungen können die Messergebnisse zusätzlich bereinigt und präzisiert werden.
Messbereiche und Bestandswerte
Komfort und Leistungsumfang eines elektronischen Kabellängenmessgerätes hängen von der Anzahl der eingespeicherten und der manuell hinzufügbaren Messbereiche ab. Viele Geräte bieten eingespeicherte Parameter für die gängigsten Kabeltypen an. Hinzukommend zu den etwa zwanzig bis fast sechzig Vorgabewerten ist die Anzahl der individuell einstellbaren Messbereiche ein Qualitätskriterium. Bei der Auswahl sollten die zu erwartenden Messaufgaben berücksichtigt werden. Während in einem Neubau alle Kabeltypen allgemeinem Standard entsprechen, können bei Bestandssanierungen sehr untypische Kabeltypen auftreten. Die Anzahl an Speicherplätzen für Messergebnisse im Gerät sollte ebenfalls dem Messumfang entsprechen. Mehrere Speicherplätze für eigene Kalibrierungen können wiederum bei umfangreichen Bestandsmessungen zu einer großen Arbeitserleichterung führen.
Hilfreiche Hinweise für die Kaufentscheidung
Ihre individuellen Auswahlkriterien orientieren sich idealerweise zuerst an dem konkreten Vermessungsprojekt. Als Bauherr reicht zur Ermittlung des „Rohstoffs“ ein mechanischer Handzähler. Für Sanierungsprojekte sollten Sie ein Gerät mit TDR-Technik anschaffen. Bezüglich der Leistungsfähigkeit in Distanz sind selten Kabellängen über hundert Meter zu messen. In diesem Distanzbereich liefern alle Produkte die vom Hersteller angegebene Präzision. Wenn Sie eine „Anschaffung fürs Leben“ planen, sollte TDR auf jeden Fall gegeben sein. Achten Sie auf Einschränkungen bezüglich Kabelarten und Aderanzahl.
Kaufkriterien und Preisspannen
Kaufkriterien für mechanische Messgeräte
Mechanische Kabellängenmessgeräte mit Rollen- und Spulenwerk sind ab etwa 150 Euro erhältlich. Zwei Qualitätskriterien sind ausschlaggebend:
1. Justierungsfähigkeit des Spulen- und Rollenwerks
2. Messwerterfassungsmethode im Zählwerk
Größter natürlicher „Feind“ der Messpräzision ist das Schlupfverhalten des durchlaufenden Kabels. Bei einfacheren Geräten läuft das Kabel durch zwei waagerecht gegenüberliegende Rollen. Mit der Qualität steigt die Rollenanpassung, die durch zylindrische Bauteile dem Schlupffaktor entgegenwirkt. Die Bandbreite stationär einzusetzender mechanischer Rollwerke reicht von einem bis zu sechs Rollenpaaren. Sie können in der hochwertigsten Ausführung mit Kurbeln einzeln justiert und der Kabelmantelform angepasst werden, um die Schlupfneigung zu minimieren. Optoelektronische Messwerterfassungen per Laser steigern die Präzision. Geräte mit diesem Ausstattungsumfang kosten ab etwa 500 Euro.
Kaufkriterien für elektronische Messgeräte
Elektronische Kabellängenmessgeräte werden ab etwa 300 Euro angeboten. Die günstigsten Geräte, auch unter der Bezeichnung Stromkalibrator vermarktet, sind in erster Linie Akutinstrumente ohne Voreinstellungs- und Datenspeicherfunktionen. Ab etwa 500 Euro beginnen Modelle mit diesen Ausstattungsmerkmalen. Einige der Reflektometer mit TDR-Technik sind ausschließlich auf Kupferkabel geeicht. Wenn die Messfunktion auf die kapazitive Methode beschränkt ist, ist eine Fehlersuche in verlegten Kabeln nicht möglich. Ein Leitungsdefekt wie ein Kurzschluss setzt kapazitive Messungen außer Funktion.
Im Bereich der Reflexions- beziehungsweise TDR-Messung starten die Kaufpreise ab etwa 800 Euro, wenn das Gerät sehr unterschiedliche Messaufgaben bewältigen soll. Für das Aufmaß kompletter Elektroinstallationen in Bestandsgebäuden oder Neubauten ist diese Geräteklasse empfehlenswert. Einige Anbieter ergänzen die Daten- und Messverwaltung durch externen Software und entsprechende Schnittstellen zum heimischen Computer.
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